Unsere Stellungnahme zur Inklusion

Sehr geehrter Herr Senator Rabe

Im August 2009 wurde das Hamburgische Schulgesetz geändert. Dort heißt es im § 12: „Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben das Recht, allgemeine Schulen zu besuchen. Sie werden dort gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf unterrichtet und besonders gefördert.“
Hamburg hat eine lange Tradition von anerkannten und erfolgreichen Modellen integrativer Beschulung (Integrationsklassen, Integrative Regelklassen und Integrative Förderzentren). Die Schulbehörde will jetzt die verschiedenen Förderformen für Kinder und Jugendliche mit sonderpädagogischem Förderbedarf vereinheitlichen. Alle jetzigen Integrationsmaßnahmen sollen in der bisherigen Form beendet werden.

Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Lernen, Sprache, emotionale und soziale Entwicklung (LSE) sollen künftig alle allgemeinen Schulen besuchen können. Kinder mit speziellen Behinderungen (geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Sinnesbehinderungen oder Autismus) können integrationserfahrene allgemeine Schulen oder spezielle Sonderschulen besuchen. Dabei soll angestrebt werden, dass möglichst nicht mehr als vier Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine Klasse besuchen.

Die Standardversorgung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf verschlechtert sich aber im neuen Senatsmodell deutlich gegenüber der bisherigen integrativen Versorgung in Integrationsklassen und Integrativen Regelklassen oder im Integrativen Förderzentrum.

Der Elternrat der MBS sieht mit großer Sorge, dass die Aufgabe der Umsetzung des § 12 HmbSG größtenteils allein von den Stadtteilschulen gelöst werden soll. Dass die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu einem ungleichen Anteil auf die einzelnen Stadtteilschulen und auch auf die beiden Schulformen verteilt werden, halten wir für nachbesserungsbedürftig.

Der Elternrat der MBS begrüßt ausdrücklich die tragenden Ideen in der jetzt vorliegenden Drucksache zur Inklusiven Bildung an Hamburgs Schulen, fordert aber den Senat auf, für eine entsprechende personelle und räumliche Versorgung der Schulen zu sorgen, damit das große Vorhaben, möglichst alle Kinder mit besonderem und sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in den allgemeinen, ganztägigen und inklusiven Schulen zu beschulen, nicht diskreditiert wird oder scheitert: Integration von Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf in das allgemeine Schulwesen muss mit adäquaten Ressourcen ausgestattet werden. Der Elternrat der MBS weist darauf hin, dass die Ressource Raum an der Max Brauer Schule nach wie vor von äußerster Knappheit geprägt ist.

Die bisherige Erfahrung zeigt, dass integrativer Unterricht durch multiprofessionell zusammengesetzte Pädagoginnen- und Pädagogenteams am besten realisiert werden kann. Die geplante Ressourcenzuteilung muss arbeitsfähige, für die Lerngruppe verantwortliche Teams ermöglichen. Eine kostenneutrale Ressourcenplanung kann daher den Zielen nicht gerecht werden. Der Elternrat der MBS fordert eine personelle Ausstattung der Schulen, die an den Standards der bestehenden Integrationsmodelle orientiert ist.

Im Senatsmodell ist auch vorgesehen, dass in inklusiv arbeitenden Lerngruppen unterschiedliche Leistungsrückmeldungen erfolgen. So soll es nach § 44 HmbSG Lernentwicklungsberichte und Ziffernzeugnisse für die Mehrzahl der Kinder und für die Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ausschließlich Lernentwicklungsberichte geben (auf Wunsch der Sorgeberechtigten sind auch Noten ohne Bezugsnorm möglich). Dagegen spricht sich der Elternrat der MBS aus. Diese Form der Leistungsrückmeldung ist für inklusive Schulen nicht geeignet, weil sie einzelne Kinder diskriminiert.

Das Leitbild der Inklusion verträgt sich nicht mit Noten und verschiedenen Formaten der Leistungsrückmeldungen. Der Elternrat der MBS fordert daher ein einheitliches Format für alle Kinder, in dem die erreichten Kompetenzen beschrieben und prozessorientiert und kriteriengestützt Rückmeldung über die individuelle Lern- und Leistungsentwicklung gegeben wird.

Mit freundlichen Grüßen

Jana Mauer, Jens Fricke und Christiane Ritter für den Elternrat

Die Stellungnahme des Elternrates zur Inklusion als PDF-Datei.